Gerry Weber steigt aus Echtpelzgeschäft aus Immer mehr Kunden legen den Pelz ab / Bundesweit gibt es noch 28 Pelztierfarmen - eine davon in Gütersloh Halle/Bielefeld (nw). Fuchs und Hase, Marder und Waschbär tragen ihren Pelz immer seltener zu Markte. Für Menschen wird das Thema zum Tabu. Von Martin Krause
"Es gibt eine zunehmende Sensibilität der Kunden", so vorsichtig formuliert Kirsten Rahmann, Sprecherin der Gerry Weber AG. Das Modeunternehmen hat den Verzicht auf Echtpelzprodukte bekannt gegeben.
Brigitte Bardot gehörte wohl zu den ersten Prominenten, die zum Schutz der Pelztiere auszogen. Seit vielen Jahren wenden sich vor allem auch Prominente dagegen, Tiere zu töten, nur um ihnen das Fell abzuziehen.
Die gesellschaftliche Diskussion tut geschäftliche Wirkung: In den vergangenen fünf Jahren haben in Deutschland bereits Karstadt und Kaufhof, C&A, die Modehäuser der Douglas AG und andere den Ausstieg aus dem Pelzgeschäft verkündet. Bei Gerry Weber heißt es jetzt, dass mit der Herbstkollektion des Jahres 2007 nichts Pelziges mehr verkauft wird - also auch keine Pelzbesätze und Verbrämungen aus Kaninchenfell, wie sie zum Beispiel bei Kapuzen eine Zeit lang sehr beliebt waren. Dies gelte in den eigenen Geschäften und bei den Großkunden, sagte Kirsten Rahmann.
Der Modekonzern aus Halle hat festgestellt, dass die Kunden keine bepelzte Kleidung mehr haben wollen. "Alternativen wie Webpelze werden hingegen akzeptiert", so heißt es.
Gerry Weber kommt aber wohl auch einer möglichen Kampagne von Tierrechtlern und Pelzgegnern zuvor: So ist die "Offensive gegen die Pelzindustrie" (mit Zentrale in Berlin) auf das Unternehmen zugegangen und hat den jetzt verkündeten Verzicht schriftlich eingefordert. Entsprechend stolz äußerte sich Michael Stern, der Sprecher der "Offensive" und spricht von einem "Riesenerfolg": Immerhin sei Gerry Weber "nicht nur eine große Modehauskette, sondern auch ein einflussreicher Designer und Hersteller von Damenmode, dessen Bekleidung weltweit verkauft wird."
Die KarstadtQuelle AG, die in den luxuriösen Großstadthäusern einst auch Pelzmäntel verkaufte, hat den Pelzverzicht bereits 2002 verkündet, wie Unternehmenssprecher Elmar Kratz bestätigt: "Inzwischen wurde der Respekt vor Tieren als ethischer Grundwert im Nachhaltigkeitsbericht von KarstadtQuelle festgehalten", berichtet Kratz von nachhaltiger Läuterung.
Aber auch Karstadt war vor dem Verzicht erst von Pelzgegnern gedrängt worden. Besonders massiv und hartnäckig hatten die sich mit der Modehauskette Peek & Cloppenburg auseinandergesetzt: Im Namen der Offensive gegen die Pelzindustrie, einem losen Netzwerk mit wechselnden Unterstützern, seien vier Jahre lang 1500 Protestaktionen gegen das Düsseldorfer Handelsunternehmen durchgeführt worden, sagt Michael Stern. Peek & Cloppenburg erklärte den Pelzverzicht im August 2006. In der Branche heißt es, es habe geschmacklose Aktionen gegeben - und wohl auch illegale Aktionen, von denen Stern sich distanziert.
Obwohl eine ganze Reihe von Handelsketten inzwischen auf den Verkauf von Echtpelzprodukten verzichtet, ist das Geschäft der Pelzbranche in den vergangenen Jahren in Deutschland nicht geschrumpft. Denn echte Pelze werden vor allem in Fachgeschäften verkauft. Wie Susanne Kolb-Wachtel vom Deutschen Pelz-Institut in Frankfurt berichtet, wuchs der Branchenumsatz 2005 sogar um 4,5 Prozent auf 960 Millionen Euro. Allein die 796 deutschen Kürschner verbuchten demnach etwa 400 Millionen Euro Umsatz. Bundesweit gebe es noch 28 Pelztierfarmen (eine in Gütersloh), die ausschließlich Nerze züchten, sowie Kaninchen-Zuchten.